Donau Forum - der Treffpunkt für Donau Wassersportler - Einzelnen Beitrag anzeigen - Von Finnland nach Istanbul, Teil 1
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Alt 14.01.2009, 19:39
mikefin
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Standard Von finnland nach Istanbul, Teil 2

Hallo,
wir sind im Sommer von Finnland über die Ostsee, Kanäle, Rhein, Main, MDK zur Donau und dann bis zum Schwarzen Meer und Istanbul gefahren. Ich hänge hier mal einen "Kurzbericht" in drei Teilen an (hoffe, das ist ok?), detaillierte Dokumentation auf unserer homepage http://www.rumbalotte.fi
Mike

Rhein

Mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken und einigen Kilo mehr Lebendgewicht sind wir wieder an Bord. Endlich kommen wir zum Flussfahren auf den Rhein. Wir hatten natürlich Bücher und Törnberichte gelesen und irgendwie waren wir schon gespannt, wie wir mit dem Berufsverkehr und der starken Strömung klar kommen werden. Das Endergebnis schon vorweg: zumindestens für uns war der Rhein nicht schwer zu befahren, wenn man die Bewegungen der Fracht- und später auch Kreuzfahrschiffe beachtet und in der Fahrrinne bleibt, die ausgezeichnet betonnt ist. Vom Ufer aus gesehen sieht die Strömung oftmals unglaublich stark aus, aber beim Fahren selbst merkt man davon eigentlich nicht viel, nur dass die Geschwindigkeit über Grund bei gleichen Umdrehungen 40 % geringer ist als die Geschwindigkeit durchs Wasser.

Von Oberhausen fahren wir am ersten Tag nach Duisburg in die neue – EU-finanzierte – Marina, wo ein altes Industrie- und Hafengebiet umgewandelt worden ist. Auch der Hafen am nächsten Tag in Düsseldorf ist neu und das Hafenbecken wird von phantasievollen Gebäuden eingerahmt, in erster Linie Mediaunternehmen. Köln dagegen hat noch hohen Nachholbedarf, die Hafenumgebung ist eine grosse Baustelle und der Hafen kann nicht mit Duisburg und Düsseldorf verglichen werden. An diesen ersten Tagen sehen wir an den Ufern ziemlich viel Industrieanlagen, aber erheblich weniger, als wir uns selbst vorgestellt hatten.

Nach Köln ändert sich die Landschaft langsam, Berghänge und Burgen bald auf allen Seiten und damit auch viele Kreuzfahrtschiffe unterwegs. Einen schönen Abend verbringen wir in Brohl. Der Club ist klein und nach einem langen Abend tauschen wir die Vereinswimpel. Koblenz ist sehenswert. Am Deutschen Eck mündet die Mosel in den Rhein, über dem Gegenufer tront die Festung Ehrenbreitstein. Von Koblenz nach Süden beginnt die eigentliche Bergstrecke, die in den spannend romantischen Anblicken der Loreley bei St. Goar ihren Höhepunkt findet und dann noch fast bis zum Weinort Rüdesheim weiter geht. Von da an verändert sich wieder das Bild des Flusses. Die Ufer sind flach, der Fluss breit, viele kleine Nebenarme und Uferwiesen. In Mainz angekommen haben wir fast Schwierigkeiten den Anfang des Mains zu finden, der dort gegenüber dem Rhein doch sehr klein und schmal ist. Die Fahrt auf dem Rhein dauerte 10 Tage, wovon wir Ruhetage in Düsseldorf, Koblenz und St. Goar eingelegt hatten.


Main und Main-Donau-Kanal

Für diesen Abschnitt brauchen wir 2 Wochen, wovon 4 Ruhetage. An vielen Tagen fahren wir in der Praxis allein und auch durch die Schleusen kommen wir gut und flexibel durch, Dank dem guten Service der Schleusenwärter. Technisch gesehen ändern sich die Schleusen auf dem Kanal in sogenannte Sparschleusen, bei denen das Wasser von den Seiten kommt, was zwischendurch seltsame Strömungen verursacht. Nach einigem Hin und Her lassen wir die Maschinen laufen und steuern gegen die Strömung, während Ulla die Leinen führt. Mit den Schleusen steigen wir auf 406 m Höhe und überqueren dort die europäische Wasserscheide. Nach Westen münden die Flüsse in den Rhein und Nordsee und nach Süden in die Donau. Die Sparschleusen machen auch beim Runterschleusen etwas Probleme, da beim Einfahren eine starke Strömung von unten kommt, die das Boot leicht verdreht. Hier hilft nichts weiter, als mit etwas mehr Umdrehungen einzufahren und dann abstoppen.

Die Landschaften auf dem Main und auf dem Kanal nach Hilpoltstein sind einfach schön. Die Ufer des Mains werden von Bäumen und Büschen verdeckt, ab Würzburg wird der Fluss von Weinbergen begleitet. Die Kanalstrecke von Bamberg nach Hilpoltstein ist ziemlich eintönig, entweder Landwirtschaft oder Industrie oder dann lange Strecken durch Wald ohne Blickfreiheit. Bei Hilpoltsein öffnet sich die Landschaft, man muss fast den Atem anhalten. Sie wird noch schöner, wenn man bei Dietfurt in das Altmühltal kommt, wo der Kanal mit der Altmühl integriert ist. Auf der ganzen Strecke liegen viele kleine Städte und Dörfer, in denen die alten Strukturen erhalten sind. Dort macht es Spass, durch die Orte zu spazieren und die Angebote der Gastronomie zu probieren. Örtliche Weine haben wir natürlich kräftig gebunkert. Unsere Haltepunkte waren Aschaffenburg, Miltenberg, Lohr, Eibelstadt, Kitzingen, Schweinfurt, Bamberg, Erlangen und Berching. Bei der Ankunft auf der Donau am 27.7. bleiben wir in der Marina Saal bei Donaukilometer 2410. Besonders in Berching hatten wir viel Spass mit dem örtlichen Yachtclub. In vielen Orten finden sich einige Anlegestellen , aber z. B. In Würzburg z.Zt. gar nicht. Besonders mit einem grösseren Boot müssen die Übernachtungsplätze gut geplant werden und man muss frühzeitig unterwegs sein.

Auch die Technik strapazierte mal wieder die Nerven. Ich stellte fest, dass sich unter dem Wellen-/Getriebeflansch Metallabrieb ansammelt und merkte, dass die Schrauben im Flansch nicht richtig angezogen waren. Eigene Werkzeuge und Kraft reichten für die Reparatur nicht aus, aber wir bekamen Hilfe in Eibelstadt. Schlussfolgerung war, dass die Schrauben in Flensburg nicht richtig festgezogen wurden (die waren am Telefon natürlich absolut anderer Meinung) und die Zentrierschraube den Abrieb verursachte. In Saal lasse ich mir gleich noch Rahmen für Fliegengitter der grossen Seitenfenster machen und die Abdeckung unserer Flybridge wird repariert. Jetzt liegen bereits 3200 km und 66 Schleusen hinter uns, vor uns noch einmal eine gleich lange Strecke auf der Donau und dem Schwarzen Meer und 18 Schleusen. Das Wetter war wechselhaft, aber während der Fahrstunden sind wir von stärkerem Regen verschont geblieben. In den letzten Tagen hat das Termometer einen Sprung nach oben gemacht, heute in Saal 31° C!


Auf der Donau bis Wien

Die Donau fasziniert uns von Anfang an. Schnell merkt man, dass hier ein richtiger Fluss ist. Die Strömung variert an den verschiedenen Tagen zwischen 2 und 5 Knoten, wofür sich die Bordkasse bedankt. Der Verbrauch vom Main bis Wien liegt bei 9 l/Stunde, was ungefähr die Hälfte unseres Normalverbrauchs ist.

Die Landschaften sind mal wieder einfach schön. Mal der breite Fluss und Hügel, dann kräftig strömender Gebirgsfluss eingezwengt zwischen Berghänge. Die Schleusen sind länger und breiter als bisher und zwischendurch müssen wir auf die Berufsschiffahrt warten, um geschleust zu werden. Ab der Wachau sieht man dann auch einige Freizeitboote, die ansonsten auf der ganzen langen Strecke durch Deutschland mit Abwesenheit glänzten; die enorm gestiegenen Spritpreise machen sich wohl bemerkbar. Am ersten Fahrtag übernachten wir im Oberwasser der Schleuse Straubing, im Ort selbst gibt es keine Anlegemöglichkeiten. Dann nach Deggendorf in einen ruhigen Hafen und weiter zur Marina Heiningen vor Passau. Hier bleibt Deutschland schon hinter uns und wir kommen nach Österreich. Am 2.8. liegen wir in der Marina Schlögen, wo die Donau zwei 180°-Schleifen macht, ein fantastisches Bild vom Aussichtspunkt oberhalb der Marina. Von Schlögen nach Linz in den Winterhafen. Unsere Tochter Kirsi kommt an Bord und bleibt bis Wien, nette Unterhaltung für die Zweimann-Crew. Die nächsten Anlegestellen sind Wallsee, Emmersdorf und Altenwörth, bevor wir am 8.8. zur Marina Wien kommen, gross und modern. In Wallsee und Altenwörth hocken wir lange Abende mit den Mitgliedern der Clubs zusammen, es gibt immer Hilfe und viele Ratschläge. Beeindruckend waren die Wasserstandszeichen aus der Flut 2002, als das Wasser bis zu 12 m stieg. Auf dieser Strecke haben wir auch etliche Freunde einschliesslich Bruder getroffen, so dass wir nicht viel alleine waren. Die Technik hat problemlos funktioniert und auch über das Wetter können wir uns nicht beschweren; geregnet hat es nachts, tagsüber reichte die mit warmen Temperaturen. In Wien stellen wir den Mast wieder, die wenigen Brücken vor uns sind hoch genug (hoffen wir). Morgen geht es weiter in die Slowakei nach Bratislava. Hinter uns 3800 km, vor uns 2500 km und 4 Schleusen.


Wien – Budapest

Nach der Freudenau-Schleuse in Wien strömt die Donau wieder kräftig. Bei niedrigen Drehzahlen geht es mit 12 Knoten dahin. Der Fluss wird immer breiter, die Uferwiesen sind Naturschutzgebiete. Trotzdem sieht man viele Sommerhäuschen, von denen die meisten auf hohen Stelzen stehen. Bei Hainburg werden die Ufer wieder steiler. Wir hissen die slowakische Gastflagge an der alten Grenzstation; Dank Schengen gibt es keinen Grenzkontrolle mehr. In Bratislava gehen wir an den Anlegesteg bei Milan, der bei Donaufahren berühmt ist. Bratislava hat eine ansprechende Altstadt/Zentrum,welches man gut zu Fuss in ein paar Stunden ablaufen kann. Eine geführte Runde machen wir am nächsten Morgen, dann 3 Stunden mit Ölwechsel verbracht und somit ist auch hierfür Ruhe bis Istanbul.

Hinter Bratislava verbreitet sich die Donau zu einem grossen See bevor man zum Schleusenkanal Gabčikovo und zur Schleuse kommt. Der Kanal ist eng und der Schwell geht von einer Seite zur anderen, mit einem kleineren Boot hat man da schon zu tun. Der nächste Hafen ist Komarno. Er befindet sich am Ende eines tiefen Hafenbeckens gegenüber einer Werft, ist aber trotzdem sehr ruhig. Wir sind jetzt 4 Donaufahrer, die sich hier alle am Abend einfinden: das deutsche Segelboot Ubena, die französische Romar 1, der holländische Katamaran CO II und die finnische Rumbalotte.

Am nächsten Tag geht es erst einmal weiter mit niedriger Uferlandschaft und Sandstränden, aber bei Esztergom beginnt das ungarische Mittelgebirge und die Donau schlängelt sich dort durch. Es ist schwer zu beschreiben, dass der ganze Tag damit verbracht wird, die verschiedenen Landschaften zu bewundern. Am Abend ankern wir das erste Mal in einem Nebenarm, dem Winterhafen Pilismarot. Im Verlauf des Abends verabschieden sich die Tageslieger mit ihren schnellen Motorbooten und schliesslich sind wir auf dem grossen See nur noch zu Dritt.

Heute sind wir bis Budapest gefahren bei leicht bewölktem Himmel und sehr warmen Temperaturen, noch spät am Abend 34°C. Die Wiking Marina in Budapest schlägt alle Rekorde in Bezug auf Dieselpreis und Liegegebühren, wobei die Infrastruktur und der Service dem allerdings in keiner Weise entsprechen.
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