
10.10.2014, 20:48
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Kapitän zur See
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Registriert seit: 06.01.2012
Ort: Wegberg
Mein Boot: Kein Boot mehr
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Meine Stimmung:
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Marmara hat uns ausgesprochen gut gefallen (den Friedhof hatten wir ja schon vorgestellt… ): Die ausschließlich
von Männern besuchten Bars/Kneipen an der von Platanen gesäumten Hafenfront erinnern an französische Fischerhäfen.
Nur wird hier nicht Boule gespielt sondern Tee getrunken…
Die Saison ist hier schon vorbei und so ist im Ort selber eher wenig los. Alles geht extrem entspannt vor sich. Und ehe wir uns versehen, sind wir genauso entspannt und entschließen uns (allerdings nicht zuletzt der Wetterentwicklung gezollt ), gleich ein paar Tage zu bleiben. Wir haben Strom und Wasser und niemand will Liegegeld haben – auch gut (für die Bordkasse)
Autoverkehr gibt es wenig – die „Fußgängerzone“ ist aber für Autos auch gänzlich ungeeignet. Und:. Jeden Tag ist Markt, sodass wir keinen Mangel an frischem Gemüse haben...
Der Warentransport erfolgt mit recht abenteuerlichen Gefährten, die sich jedoch als echte „Geländewagen“ mit Allradantrieb herausstellen.
Wir wundern uns, dass die Fischer in Marmara am Abend nicht zum Fischen fahren
– "na, vielleicht ist ja Donnerstags „Ruhetag“… ?
Als sie am Freitag Morgen immer noch im Hafen liegen, sage ich so: „Lass uns mal googeln, vielleicht ist ja Feiertag…"
– Volltreffer !
Es ist Opferfest – der wichtigste Islamische Feiertag – und das für 4 Tage...
Statt Gemüsemarkt werden Pferche aufgebaut und mit den oben beschriebenen Fahrzeugen werden Hammel und Ziegenböcke herangebracht…
Zum Opferfest schlachtet jeder, der es sich leisten kann, einen Hammel oder einen Ziegenbock. Jedes Tier wird sorgfältig zerlegt und in 3 Teile aufgeteilt: 1/3 für die Familie, 1/3 für Freunde und 1/3 für Bedürftige…
Die Tiere werden geschächtet, also ausgeblutet...
Wie wir so im Cockpit sitzen und dem Treiben an Land zusehen, wird es auf dem Fischkutter neben uns lebendig: Eine Gruppe Männer bringt einen Hammel über die Reling auf den Kutter – wir ahnen was kommt…
Die Herren sind im „Sonntagsstaat“ – sprich Anzug und Weste – es riecht nach Parfüm – ungewöhnliche Düfte auf einem Kutter. Den Frauen ist – aus welchen Gründen auch immer – das Auflegen einer Duftnote an diesen Tagen verboten…
Nur 6 m neben uns wird die Schächtung vorbereitet. Ein letztes Foto vom lebenden Hammel haben wir noch „aus der Hüfte“ geschossen – alles andere verbietet sich von selbst…
Dem „Hausherrn“ obliegt es, die Zeremonie auszuführen:
Der Hammel wird auf die Seite gelegt, mit dem Kopf nach Osten ausgerichtet und bekommt die Augen verbunden. Unter Gebeten und leisem Gesang wirkt das Tier vollkommen entspannt und wenn man es selbst nicht anders gesehen hätte, sähe es aus, als wäre das Tier friedlich entschlafen - wenn da nicht das Messer gewesen wäre…
Mit den Schlachtpraktiken hier bei uns hatte das gar nichts zu tun.
1 Stunde später war der Hammel zerlegt und das Deck gereinigt und alle gingen zurück zu ihren Familien…
Die „Freunde“ und die „Bedürftigen“ hatten schon am Kutter gewartet und ihren „Anteil“ entgegen genommen.
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Grüße von der holländischen Grenze 
Rainer & Helga
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